Es ist eine beeindruckende Summe, ein weiterer beeindruckender Beleg, wie sich die Donnersbergerinnen und Donnersberger für die von der Flutkatastrophe am 14. und 15. Juli 2021 betroffenen Menschen im Norden von Rheinland-Pfalz und den angrenzenden Regionen engagieren. Die Donnersberger Initiative für Menschen in Not hat am Samstag der Ortsgemeinde Dernau eine Spende in Höhe von 222.222 Euro überreicht.


Astrid Wollersheim und ihre Familie haben Schlimmes erlebt am 14. und 15. Juli dieses Jahres. „Fünf Meter hoch stand das Wasser in unserem Haus“, erzählt die 40-Jährige. Eingeschlossen von den Wassermassen. Ihr Haus in Dernau kann die sechsköpfige Familie auch mehr als vier Monate nach der Flutkatastrophe nicht bewohnen. „Aber wir haben Glück, werden es wieder beziehen können“, sagt die Mutter von vier Kindern. Sie konnten bei ihren Schwiegereltern im Ort unter-kommen, wo nur der Keller von der Flut betroffen war. Auch konnten Handwerker gewonnen wer-den. Wenn alles gut läuft, können sie noch vor Weihnachten wieder zurück in ihr Heim. „Ich bin gespannt, wie es sein wird, wenn wir das erste Mal wieder in unserem Haus schlafen.“ Die Erinne-rung an die furchtbaren Ereignisse sind nach wie vor wach.


Rund 90 Prozent der 1700 Bürgerinnen und Bürger sind in Dernau von der Flutkatastrophe betrof-fen, viele haben fast alles verloren. „Die meisten Häuser sind im Rohbauzustand“, berichtet Orts-bürgermeister Alfred Sebastian. „Das Problem ist, dass viele aktuell auf Handwerker warten“, sagt Sebastian – und schiebt nach: „Das Nadelöhr sind Elektriker.“ Hilfe ist weiterhin bitter nötig im Ahr-tal. Und noch immer sind auch regelmäßig Helfer in den Orten. Auch an diesem Samstag ist über-all einiges los. Die Dankbarkeit dafür ist riesig – und überall zu sehen, ob auf Hauswänden oder Bannern. Viele tausende Helferinnen und Helfer aus ganz Deutschland und die Bewohner sind zu einer starken Familie zusammengewachsen. Das gilt insbesondere auch für Menschen aus dem Donnersbergkreis. „Das KIB-Kennzeichen sehen wir immer wieder“, erzählt der Ortsbürgermeister.

Erst vor kurzem war die Kirchheimbolander Feuerwehr einmal mehr vor Ort, half den Kameradin-nen und Kameraden bei Arbeiten im Feuerwehrhaus. Oder aus Kerzenheim und Ramsen wurden Spenden überreicht. Auch die Donnersberger Initiative für Menschen in Not hatte eine Spendenak-tion gestartet. Die Initiative selbst hat eine Soforthilfe in Höhe von 10.000 Euro bereitgestellt. „Über 1200 Menschen haben gespendet“, berichtet Jamill Sabbagh, der Vorsitzende der Initiative und Beigeordnete des Donnersbergkreises. Angefangen von fünf Euro bis hin zu großen Summen. Kürzlich hatten die Mitarbeitenden von Gienanth in Eisenberg tolle 7000 Euro an die Initiative für die Flutopfer übergeben. Schließlich durfte Claus Jürgen Baaden, der Kassenwart der Notinitiative, die beeindruckende Summe von 222.222 Euro auf den großen Spendenscheck eintragen.


Es ist die größte Spendensumme, die bislang aus ganz Deutschland in Dernau eingegangen ist. Ortsbürgermeister Alfred Sebastian und seine Beigeordnete Elke Surges sind überwältigt von der großen Unterstützung landauf-landab. „Das ist unbegreiflich. Die Leute können es kaum glauben, dass es so eine große Hilfsbereitschaft gibt“, sagt der Ortschef. „Die Betroffenheit war und ist groß im Donnersbergkreis“, berichtet Jamill Sabbagh. Das Geld soll den Menschen zugute kommen, soll helfen, Leid zu lindern. Bereits kurz nach der Flut kamen Mitglieder der Donnersberger Initiati-ve für Menschen in Not ins Ahrtal. In Dernau gab es einen Austausch. Hier konnten die Mitglieder der Initiative von ihren Erfahrungen nach der Flut in Appel-, Alsenz- und Moscheltal 2014 berich-ten, gaben Tipps, auch was die Verteilung der Gelder an Flutopfer betrifft.

„Das hat uns sehr geholfen“, erzählt Ingrid Näkel-Surges. Sie ist vielfach aktiv, unter anderem im Verkehrsverein. So ist ein Förderverein entstanden, gerade um die Annahme von Spenden zu vereinfachen. Und es wurde ein Prioritätenplan entwickelt, mit dem die Spenden möglichst gerecht verteilt werden. Dabei stehen der Gesamtschaden, die Anzahl der Haushaltsmitglieder sowie sozi-ale Härten im Mittelpunkt.

Von einer Normalität ist die 1700-Einwohner-Gemeinde Dernau auch Ende November noch weit entfernt. „Aber es ist viel passiert. Wir sind zufrieden mit dem, was wir bislang geschafft haben“, sagt Wiederaufbaukoordinator Martin Schell. Dernau wird in Zukunft verstärkt auf Synergien mit den Nachbargemeinden wie Rech und Mayschoss setzen. Dazu haben diese drei Orte eine eigene Aufbaugesellschaft „AöR“ gegründet.


Ab dem 6. Dezember soll eine Containeranlage von Seniorinnen und Senioren bezogen werden, die bei der Flut ihr Heim verloren hatten und nun in einem Radius von 100 Kilometern um ihre Heimat untergebracht sind. „Sie haben Heimweh ohne Ende“, berichtet Sebastian. 18 Menschen werden in die herrlich hergerichtete Anlage – auch hier mit viel Einsatz von Helferinnen und Hel-fern – zurück nach Dernau ziehen. Auch werden 23 so genannte Tiny-Häuser aufgestellt, die unter anderem Familien eine Unterkunft bieten sollen. Viele leben im oberen Stockwerk ihrer Häuser, in das die Wasser- und Schlammmassen nicht eindrangen.
Auf andere Einrichtungen mussten die Kindergarten- und Schulkinder verteilt werden. Zum Teil müssen Schülerinnen und Schüler weite Wege auf sich nehmen. Astrid Wollersheim kann hier ein Lied davon singen. Als Mutter von vier Kindern muss viel koordiniert werden. Der Wunsch ist groß, dass die Grundschule in Dernau wieder öffnen kann. Der Kindergarten muss dagegen neu gebaut werden. „Das wird mindestens zwei Jahre dauern“, sagt der Ortsbürgermeister. Mit einer Contai-neranlage auf einem Plateau im Ortsteil Marienthal soll eine Zwischenlösung geschaffen werden. Auch dafür wird es Hilfe aus dem Donnersbergkreis geben.
Verschiedene Kindertagesstätten aus dem Kreis haben bereits gespendet, so sind 2700 Euro zu-sammengekommen, die für die Einrichtung verwendet werden sollen. Hier nimmt die Donnersber-ger Initiative für Menschen in Not weiter Spenden entgegen. Deren Vorstandsmitglieder Jamill Sabbagh, Claus Jürgen Baaden und Dieter Runck haben bei ihrem Besuch im Ahrtal nicht nur einen Spendenscheck dabei, sondern auch zahlreiche Sachspenden der Sonnen-Kindertagesstätte Albisheim in dem bis unters Dach gefüllten Transportwagen der Feuerwehr Kirchheimbolanden, den Sascha Angst steuerte.


Die Verbindung in den Donnersbergkreis soll weiter bestehen bleiben, betonen die Dernauer – viele haben geholfen und helfen weiterhin, ob Feuerwehren, Ortsgemeinden, Notinitiative oder weitere Gruppen und Privatpersonen. Auch zu Landrat Rainer Guth und Wirtschaftsförderer Reiner Bauer besteht reger Kontakt. Sebastian Stollhof, der Leiter des Büros des Landrats, war mit der Delegation der Initiative und Sascha Angst von der Feuerwehr diesmal mit dabei in Dernau.


Dort ist noch viel zu tun. „Wir haben viel geweint, aber auch viel gelacht. Es ist eine große Ge-meinschaft entstanden“, erzählt Martin Schell. „Die Weihnachtstage, sie werden schwer werden“, weiß Schell. Erinnerungen an diese furchtbaren Tage im Juli werden wach, an denen zwölf Men-schen aus Dernau ihr Leben verloren. Es ist aber auch das Bewusstsein vorhanden, dass viele, viele Menschen aus der ganzen Republik bei ihnen sind, bei den von der Flutkatastrophe so schlimm getroffenen Menschen – und diesen auch weiterhin helfen werden.



Facebook-Gruppe „Gemeinsam Mittelahr – Donnersberg“
Im sozialen Netzwerk Facebook ist eine Gruppe mit dem Titel „Gemeinsam Mittelahr – Donnersberg. Wir bauen Zukunft.“ entstanden. Hier soll weiter über Bedarfslagen und laufende Hilfen in der Region Mittelahr informiert und auch zum weiteren Mitmachen eingeladen und mobilisiert wer-den. Die Facebook-Gruppe soll gleichermaßen als Vertiefung der Kontakte, aber auch gezieltere Unterstützung dienen, beispielsweise bei der Vermittlung von Handwerkern. „Es soll ein Netzwerk entstehen, bei dem im direkten Austausch Hilfsarbeiten vereinbart werden können“, sagt Wirt-schaftsförderer Reiner Bauer. Im Idealfall können später einerseits Hilfsbedürftige die für sie pas-senden Angebote von Handwerkern aus der Nordpfalz auswählen. Umgekehrt können Unterneh-men oder Gruppen aber auch gezielt Menschen oder Einrichtungen helfen, die in dieser Gruppe mitteilen, wo sie Unterstützung benötigen.